
Die Affekte // Rodrigo Hasbún
Südamerikanisches P.S. zum Dritten Reich
Eine nicht zu verachtende Anzahl ehemaliger Nazis ging nach dem Zweiten Weltkrieg nach Südamerika – so auch Hans Ertl, Kameramann, der mit Leni Riefenstahl zusammen arbeitete und Propagandavideos für das Dritte Reich drehte.
Hans Ertls Tochter Monika wurde später in Südamerika zur linken Freiheitskämpferin an der Seite von Che Guevara – Die Affekte zeichnet die Familiengeschichte der Ertls, insbesondere der drei Töchter, in Südamerika nach, will aber explizit keine Biografie sein. Hans Ertl, der Kameramann, wird zum abenteuerlustigen Träumer stilisiert, der eigentlich nur ununterbrochen auf Expeditionen gehen möchte. Seine drei Töchter: die älteste wird zur Revolutionärin, über sie erfahren wir noch am meisten, allerdings werden die Beweggründe und politischen Realitäten in Bolivien völlig außer Acht gelassen. Die zweite Tochter raucht viel, die dritte zieht nach München (viel mehr erfährt man aus dem Buch nicht).
Das Buch ist kurz und inhaltlich sowie stilistisch sparsam – so sparsam, dass man sich nach der Lektüre doch fragen muss, was genau jetzt hängen bleiben soll.
Dies war auch meine Lektüre für Bolivien – ein Land, das sich mir literarisch nicht so wirklich erschließen wollte. Die Affekte war mein zweiter Versuch, davor versuchte ich es mit Turing’s Delirium von Edmundo Paz Soldán, das ich nach ein paar Tagen frustriert zur Seite legte. Und auch Die Affekte konnte mich nicht überzeugen – falls jemand andere Vorschläge für bolivianische Literatur hat, bitte immer her damit!
Titel: Die Affekte
Originaltitel: Los afectos
Autor: Rodrigo Hasbún
Übersetzer: Christian Hansen
Erscheinungsjahr: 2015
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